Am 11. März jährt sich die Katastrophe von Fukushima. Aus diesem Anlass hat Sabine Müller-Langsdorf, Referentin für Friedensarbeit am Zentrum Oekumene der EKHN und der EKKW eine Meditation und ein Gebet zu einer Grafik des Künstlers 281_Anti nuke verfasst. 281_Anti nuke ist der Künstlername von Kenta Masuyama. Seine Straßenkunst zu politischen Themen in Japan und zur Dreifachkatastrophe von Fukushima haben ihm den Titel eines "japanischen Banksy“ eingebracht.
Download: Meditation Gedenken Fukushima
Auch ihr Kollege Dr. Hubert Meisinger, Referent für Umwelt im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN erinnert sich in diesen Tagen besonders an die Ereignisse. Im März 2011 führte im japanischen Fukushima ein starkes Erdbeben mit nachfolgendem Tsunami zu großen Schäden in einem Kernkraftwerk; dabei wurden radioaktive Substanzen freigesetzt. Wer in einem Radius von bis zu 40 Kilometern um das Kernkraftwerk lebte, wurde evakuiert.
Schockierende Bilder der Dreifachkatastrophe
„Ich weiß noch genau, wie geschockt ich war, als ich die Bilder des explodierenden Atomkraftwerks von Fukushima im Fernsehen gesehen habe“ – so beschreibt Meisinger seinen ersten Eindruck von der Katastrophe in Japan. „Ein unermessliches Elend hat sich damals über die Menschen ausgegossen, die in Fukushima lebten, mit Folgen, die bis heute noch nicht bewältigt sind“, führt er weiter aus. Radioaktiv verseuchtes Wasser werde derzeit zwar in Tanks gelagert, aber die Lagerkapazitäten sind 2022 erschöpft, dann werde das kontaminierte Wasser voraussichtlich ins Meer geleitet.
Atomkatastrophe von Tschernobyl jährt sich zum 35. Mal
„Auch Tschernobyl jährt sich in diesem Jahr, zum 35. Mal, das darf genauso wenig vergessen werden“, erinnert Meisinger an den ersten GAU im Jahr 1986. Damals war er auf Besuch in der Partnergemeinde seiner Kirchengemeinde in der damaligen DDR. Von Tschernobyl hatte er in der DDR selbst nichts gehört, erst bei der Rückfahrt an der Grenze wurden langsam die Ausmaße dieses Unglücks bekannt.
Das Zentrum Oekumene unterstützt bis heute im Rahmen der Aktion „Hoffnung für Osteuropa“ Erholungsfahrten für Kinder und Jugendliche aus der Region. Kirchengemeinden, Vereine und Initiativgruppen ermöglichen Kindern aus Belarus für einige Wochen einen Erholungsaufenthalt in Deutschland. Denn immer noch leben in Belarus und der Ukraine mehr als dreieinhalb Millionen Menschen in stark radioaktiv verseuchten Gebieten. Gerade der Gesundheitszustand der Kinder ist labil, sie leiden nicht nur unter schweren Krankheiten wie Krebs, vielmehr ist das gesamte Immunsystem und oft auch der Knochenbau beeinträchtigt.
"Atomkraftwerke sind keine Klimaretter"
Warum immer noch neue Atomkraftwerke gebaut werden, kann Meisinger nicht verstehen: „Sie tragen weltweit nur 4% zur gesamten Energiegewinnung bei und sind kein Klimaretter, wie die Konzerne diese Hochrisikotechnologie gerne darstellen. Und ‚billigen Strom‘ liefern sie auch nur deswegen, weil alle Subventionierungen nicht eingepreist wurden und werden – eine Wettbewerbsverzerrung sondergleichen“, so Meisinger, der auch auf die ungelöste Endlagerfrage hinweist.
Kohleausstieg beschleunigen
Dass das letzte Atomkraftwerk in Deutschland im Jahr 2022 vom Netz gehen soll, begrüßt Meisinger ausdrücklich und sieht in der deutschen Energiepolitik noch weiteres Potenzial, einen Beitrag dazu zu leisten, die Vereinbarungen von Paris erreichen zu können. Dafür müsse insbesondere der Kohleausstieg beschleunigt werden: „Bis 2030 sollten dazu alle Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden. Der Anteil an Erneuerbaren Energien kann dies auffangen“, ist Meisinger überzeugt, der sich hier auf Forderungen der Klima-Allianz Deutschland bezieht, die diese mit Blick auf die kommende Bundestagswahl aufgestellt hat (www.klima-allianz.de).
Blauen Planeten für künftige Generationen erhalten
„Klimaschutz geht uns alle an: Neue, nachhaltige Strukturen der Energiegewinnung sind ebenso notwendig wie nachhaltiges Verhalten jeder und jedes Einzelnen“ – so fordert Meisinger ein beschleunigtes Umdenken in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und endet: „Wäre doch prima, wenn dieser wunderschöne blaue Planet auch für zukünftige Generationen eine lebenswerte Heimat darstellen würde“.
Verbindung zwischen militärischer und ziviler Nutzung
Sabine Müller-Langsdorf betont den engen Zusammenhang zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Atomkraft. Die vielen Opfer dieser „nuklearen Kette“ sind häufig unbekannt, es sind Menschen, deren Leben durch die Atomindustrie beeinträchtigt wurde: indigene Völker, deren Heimat durch Uranbergbau in atomare Wüsten verwandelt wurde; „Downwinders“ von mehr als 2.000 Atomwaffentests; Überlebende der Atomwaffenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki sowie Menschen, die durch radioaktiven Niederschlag von zivilen und militärischen Atomkatastrophen betroffen sind. Sie alle hätten ein besseres Leben, wenn man das Uran im Boden belassen hätte.