• Kontakt
  • Zentrum Oekumene Frankfurt/Main auf Facebook
  • Zentrum Oekumene Frankfurt/Main auf Instagram
  • Zentrum Oekumene Frankfurt/Main auf Twitter
  • Zentrum Oekumene Frankfurt/Main auf Youtube
  • Seite ausdrucken

Nachhaltigkeit im kirchlichen Alltag: Neue Arbeitsstelle Anthropozän will ökologischen Aufbruch stärken

Umkehr zum Leben: mehr teilen, weniger konsumieren

Die Theologin Dr. Sarah Köhler tritt am 1. September 2019 die „Ökumenische Arbeitsstelle Anthropozän“ an der Werkstatt Ökonomie e. V. in Heidelberg an. Die Stelle wird von „Brot für die Welt“ finanziert und von den evangelischen und katholischen Trägereinrichtungen des Ökumenischen Prozesses „Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“ mit getragen. Sie dient der vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob der „Eintritt in das Anthropozän“ (s.u.) insbesondere die Kirchen vor neue Herausforderungen stellt und wie auf diese theologisch, spirituell und praktisch geantwortet werden kann.

Wie können zum Beispiel Gemeinden an einem ökologischen Wandel mitwirken, nachhaltige Lebensstile einüben und sich Wissen darüber erschließen?
Wie können wissenschaftliche Erkenntnisse zum Zustand der Erde „übersetzt“ werden, dass sie mehr Menschen erreichen?
Und wie kann Theologie zu einer Nachhaltigkeits-Kultur beitragen?

Um diese Fragen zu beantworten, will Dr. Sarah Köhler Theologie, Forschung und Handeln stärker zusammenbringen. „Die Erkenntnisse der Erdsystemforschung zeigen, dass Umkehr heute so nötig ist wie nie zuvor! Der Mensch entzieht sich mit hoher Geschwindigkeit die Lebensgrundlagen. Auch Papst Franziskus‘ Enzyklika Laudato si‘ ruft uns deutlich zu ‚ökologischer Umkehr‘ (conversio oecologica, LS, 219) auf.“ Der Aufruf zur Umkehr ist von jeher zentraler Bestandteil theologischen Nachdenkens, von den alttestamentlichen Propheten über die neutestamentliche Jesusverkündigung bis hin zu Luthers 95 Thesen. „Ich möchte dazu beitragen, dass theologische Wissenschaft mehr für die Praxis erschlossen wird und die Kirche zum Akteur eines neuen ökologischen Aufbruchs wird.“ Für einen Wandel zu einem nachhaltigen Verhältnis von Mensch und Natur brauche es Theorie und Praxis: „Wir müssen sowohl theologisch neu darüber nachdenken – als auch Formen der Umsetzung etablieren“.

Dass die „Forschungsstelle Anthropozän“ für die nächsten drei Jahre eingerichtet werden kann, ist der Finanzierung durch „Brot für die Welt“ zu verdanken, wo Fragen einer sozialökonomischen Transformation hohen Stellenwert genießen: „Als Zukunftswerkstatt für Kirche und Gesellschaft ist diese Arbeitsstelle aus Sicht von Brot für die Welt überaus relevant“, betont Uta Brux als Projektverantwortliche im Referat Inlandsförderung. „Die Kirchen können hier Entscheidendes beitragen. Insbesondere der kulturelle Wandel benötigt orientierende Erzählungen und heilsame Visionen für ein zukunftsfähiges Leben innerhalb der planetarischen Grenzen.“ Das solle die ökumenische Arbeitsstelle Anthropozän mit Hilfe des wachsenden Trägernetzwerkes des Ökumenischen Prozesses auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens und Handelns bekannter und bewusster machen.

Darüber hinaus gehe es aber auch darum, konkret ins „Tun“ zu kommen: „Wir wollen zu Konsequenzen in der Gestaltung künftiger kirchlicher Arbeit anregen.“ Dabei könne an die bisherige Arbeit des Ökumenischen Prozesses nahtlos angeknüpft werden, so Uta Brux weiter: „Der intensive Dialog mit wissenschaftlichen und politischen Institutionen und Initiativen, die das gleiche Ziel verfolgen, ist ein großer Schatz und muss unbedingt fortgeführt werden. So können Impulse in unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche gegeben und diese miteinander verbunden werden.“

Anstellungsträger der neuen Arbeitsstelle Anthropozän ist die Heidelberger Werkstatt Ökonomie e.V. Vorstandsvorsitzender Dr. Lothar Elsner begrüßte heute die neue Kollegin an ihrem neuen Arbeitsplatz: „Ich freue mich, dass der Ökumenische Prozess – der begleitet durch die Werkstatt Ökonomie mit Klaus Heidel vor sechs Jahren so engagiert gestartet ist und schon so viel in Bewegung gebracht hat – durch die neue Arbeitsstelle weiter gestärkt wird. Dr. Sarah Köhler bringt sowohl die für den kulturellen Wandel wichtige theologische Reflexion, als auch viele praxisbezogene Ideen und Erfahrungen in ein Arbeitsfeld ein, das angesichts der planetaren Entwicklungen brisanter und relevanter gar nicht sein könnte.“
 

Kurzvorstellung: Dr. Sarah Köhler

Sarah Köhler vereint theologisches Wissen mit einem starken praktischen Handlungsansatz: Die gebürtige Bornaerin (bei Leipzig) bringt neben ihrem Studium der Theologie und Altorientalistik und ihrer Promotion fünf Jahre interdisziplinäre Projekterfahrung mit und hat sowohl wissenschaftliche als auch umweltpolitische Publikationen veröffentlicht. Zuletzt lehrte Dr. Sarah Köhler an der Universität Jena. Als Pressesprecherin des BUND Thüringen und als ehrenamtliche Öffentlichkeitskoordinatorin bei Greenpeace Jena setzte sich selbst jahrelang für nachhaltige Entwicklung ein. Abgerundet wird ihr Profil durch zahlreiche Weiterbildungen, so im Bereich Projektmanagement, Führung, Wissenschaftskommunikation, Konfliktbearbeitung und Didaktik.
 

Begriff „Anthropozän“: Das Zeitalter des Menschen

Da die Menschen als erste Art überhaupt dabei sind, die Erde unumkehrbar zu verändern, wird die aktuelle Epoche zunehmend auch als Anthropozän bezeichnet – das Zeitalter, das von Menschen gemacht wird. Dabei entzieht sich die Menschheit mit hoher Geschwindigkeit die eigenen Lebensgrundlagen wie saubere Atemluft, Trinkwasser oder überlebensfreundliches Klima.Planetare Grenzen

 

Der Mensch bedroht sein eigenes Überleben derzeit in neun Bereichen, so zum Beispiel durch die menschengemachte Klimaveränderung, die Überdüngung der Böden mit Stickstoff, die Versauerung der Meere oder das Aussterben von Arten. Damit die Erde auch künftig bewohnbar bleibt, fordert die Wissenschaft „globale Stoppschilder“. Wissenschaftler nennen diese Stoppschilder planetare Grenzen. 
 

Große Transformation

Um die Erde auch im Anthropozän bewohnbar zu erhalten, braucht es eine „Große Transformation“ – so die Forderung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) aus dem Jahr 2011. Dabei kommen in den vergangenen Jahren die Kirchen wieder verstärkt ins Blickfeld von Wissenschaft und Politik. Kirchen haben große Erfahrungen mit tiefgreifenden Transformationen. Zudem bieten die Kirchen mit ihren Wertemodellen Gegenentwürfe zum Streben nach Wachstum und Status an.
 

Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten

Doch wie schaffen wir Menschen eine solche Umkehr oder eben auch große Transformation, wie können Kirchen dabei mitgestalten und wie kann die Theologie dabei mithelfen? Um diese Frage zu klären, fördert und fordert der Ökumenische Prozess seit 2013 vor allem offene Such- und Konsultationsprozesse, erschließt Forschungsergebnisse und bringt Veröffentlichungen auf den Weg. Künftig sollen verstärkt auch konkrete Schritte der Umkehr und Transformation gesucht werden. Koordiniert wird das Netzwerk seit 1.6.2019 von Constanze Latussek (Ev. Akademie Wittenberg), die künftig in enger Kooperation mit Sarah Köhler arbeiten wird.
 

Der Ökumenische Prozess „Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“

Welchen Beitrag können kirchliche Akteure, lokal oder national, zur Gestaltung einer nachhaltigen, sozial gerechten und klimagerechten Wirtschaft leisten? Wie können sie zu relevanten Akteuren des Wandels werden? Auf welchen Wegen können Gemeinden zu einer „Ethik des Genug“ finden? Diesen und ähnlichen Fragen widmet sich seit 2013 der bundesweite Ökumenische Prozess „Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“, getragen von aktuell 25 kirchlichen Trägern wie Landeskirchen, dem Bischöflichen Hilfswerk Misereor, Brot für die Welt, Bistümern, Akademien, Diensten, Vereinen, Instituten und Stiftungen (Stand 7/2019). Aktuelle Sprecher des Prozesses sind Christoph Fuhrbach (Bistum Speyer) und Christine Gühne (Brot für die Welt). Mehr Informationen, Publikationen und Kampagnenmaterial unter www.umkehr-zum-leben.de

<< Zurück