Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) sieht angesichts des Krieges in der Ukraine einen deutlich höheren Bedarf an Beratungen zur Kriegsdienstverweigerung (KDV) vor allem für Reservistinnen und Reservisten sowie Ungemusterte. „Wir verzeichnen seit Ausbruch des Krieges eine sehr starke Zunahme an Anfragen zum Thema Kriegsdienstverweigerung“, betont Wolfgang M. Burggraf, EAK-Geschäftsführer und verantwortlich für die KDV-Beratung des Friedensverbandes.
„Bisher waren es vor allem aktive Soldatinnen und Soldaten, die sich bei uns gemeldet haben. Aber aktuell wollen ehemalige Bundeswehrangehörige und genauso ungemusterte junge Menschen wissen, wie sie verweigern können oder wie eine Kriegsdienstverweigerung abläuft“, berichtet der EAK-Geschäftsführer. Die Anfragen würden die EAK dabei über die Homepage, über die sozialen Medien oder telefonisch erreichen, schildert Burggraf.
„Wir spüren hier schon eine große Unsicherheit, zumal nach der Aussetzung der Einberufung zur Wehrpflicht vor mehr als zehn Jahren die ganzen Beratungsstrukturen für Kriegsdienstverweigerer bei anderen Organisationen weitgehend abgebaut wurden“, betont der EAK-Geschäftsführer. Die EAK gehört zu den wenigen Verbänden, die bis heute entsprechende Beratungsangebote vorhalten.
Die Ursachen für das jetzt deutlich gestiegene Interesse an KDV-Beratungen würden im Krieg vor der Haustür liegen, ist Wolfgang M. Burggraf überzeugt. „Plötzlich erscheint ein Krieg auch auf deutschem Territorium wieder möglich, es wird über eine enorme Aufrüstung der Bundeswehr gesprochen, auch die Wiedereinführung der Einberufung zur Wehrpflicht wird immer wieder diskutiert. Das sorgt dann auch dafür, dass die Frage nach einer Verweigerung des Dienstes mit der Waffe aus Gewissensgründen für immer mehr deutsche Bürgerinnen und Bürger zu einer relevanten Frage wird“, betont der EAK-Geschäftsführer.
Es falle auf, dass in der Beratung jüngerer Menschen ausschließlich Männer anfragen würden, berichtet Sabine Müller Langsdorf, Vorstandsmitglied der EAK und Friedensbeauftragte im Zentrum Oekumene der Evangelischen Kirche in Hessen-Nassau und von Kurhessen-Waldeck. „Die Verunsicherung gründet wohl in den Bildern, die wir sehen: Kämpfende Männer, die ohne Wenn und Aber Frau und Kinder zurücklassen. Die Bilder vom Krieg werfen uns auf ein Männer- und Frauenbild zurück, das überholt schien“, so die Pfarrerin.
Mittlerweile habe die EAK ein Beratungsnetzwerk zur Kriegsdienstverweigerung aufgebaut, um Interessierten hier helfen zu können, sagt Michael Zimmermann, der Beauftragte für Friedens- und Versöhnungsarbeit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Neben ihm gehören diesem Netzwerk der EAK-Geschäftsführer Wolfgang M. Burggraf, Sabine Müller-Langsdorf, Gregor Rehm, Referent in der Arbeitsstelle Frieden und Umwelt der Evangelischen Kirche der Pfalz, und das frühere EAK-Vorstandsmitglied Wolfgang Buff an. Und Michael Zimmermann betont: „Jeder, der sich unter kdv@eak-online.de mit seinem Beratungsanliegen meldet, wird auch innerhalb von 24 Stunden kontaktiert.“