Paul Schneiss wurde am 15. März 1933 als Sohn eines Missionars in der chinesischen Stadt Changsha geboren. Als Kind kehrte er zurück nach Deutschland und legte das Abitur 1953 ab. 1958 ging er selbst als Missionar nach Japan. Nach seiner Rückkehr 1962 arbeitete er in der Badischen Landeskirche und studierte Theologie. Als Missionar und Mitarbeiter der United Church of Christ in Japan war er mehrere Jahre in Japan tätig. 1972 wurde er der erste Ostasienreferent des Evangelischen Missionswerks in Südwestdeutschland. In dieser Eigenschaft war er stark beteiligt an der Entstehung der verschiedenen ökumenischen Partnerschaften und Beziehungen zwischen deutschen und koreanischen Kirchen. Er organisierte die ersten Kirchenkonsultationen zwischen den beiden Ländern. Er begleitete die ersten koreanischen Pastoren, die nach Westdeutschland kamen, um die koreanischen Arbeitsmigrant*innen zu betreuen.
Mutig waren sein Eintreten und seine Unterstützung für die Demokratiebewegung in Südkorea. Er unterstützte den Kampf der koreanischen Kirchen gegen die Repressalien der Diktatoren und begleitete Gefangene. Bei mehreren südkoreanischen Gerichtsprozessen gegen Regimekritiker war er als einziger Ausländer anwesend. Über die Solidarität mit der Demokratiebewegung in Südkorea hinaus fungierte er als Bindeglied zwischen den Unterstützern der Demokratiebewegung in Südkorea und den verschiedenen internationalen Akteuren. Er war maßgeblich daran beteiligt, die aktuelle Lage unter den Diktatoren in Südkorea international bekannt zu machen. Deswegen hat die südkoreanische Regierung 1977 ihn zur persona non grata erklärt. Da er nicht nach Südkorea einreisen durfte reiste seine Frau Kiyoko Schneiss während des Gwangjuaufstands 1980 dorthin, um weitere Informationen einzuholen. Sie informierte ihren Mann über die angespannte Lage in Gwangju. Paul Schneiss konnte den damaligen ARD-Korrespondenten in Tokyo, Jürgen Hinzpeter, bewegen, nach Gwangju zu fliegen. Dieser konnte so als einziger ausländischer Journalist über den Aufstand und das brutale Massaker berichten. Die Gräueltaten in Gwangju wurden so weltweit bekannt. Paul Schneiss und seine Frau wurden dafür im Jahr 2011 mit dem Maimutterpreis geehrt. Für seine besonderen Verdienste für Südkorea erhielt Paul Schneiss im November 2021 die Order of Civil Merit Medal der Republik Koreas. Für sein Lebenswerk wurde er 2021 mit dem Mirok Li-Preis der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft geehrt.
Sein Glaube hat ihm geholfen, mutig für Demokratie und Menschenrechte einzutreten. Ihm waren Versöhnung, Frieden, Demokratie, Menschenrechte und Sicherheit der Menschen sehr wichtig. Auch im Ruhestand begleiteten ihn diese Themen. Korea-Engagierte verlieren mit ihm einen beherzten, mutigen und engagierten Pionier der Ostasienbeziehungen.
Seit den achtziger Jahren pflegt die EKHN eine Partnerschaft mit der Gwangju-Presbtery der PROK. Der Ausgangspunkt für die Partnerschaft ist die Solidarität mit der Demokratiebewegung, woran Paul Schneiss und seine Frau Kiyoko aktiv und intensiv beteiligt waren. Verschiedentlich hatte Paul Schneiss die EKHN-Partnerschaftsarbeit unterstützt. Dafür sind wir sind ihm dankbar. Sein Leben, sein Glaubenszeugnis und sein Werk ermutigen uns, für Versöhnung, Frieden, Demokratie, Menschenrechte, Menschenwürde und Sicherheit der Menschen einzutreten.