Nach dem katastrophalen Brand im Flüchtlingslager Moria schreibt Efi Latsoudi, Mitarbeiterin von Lesvossolidarity in einer Mail an Sabine Müller-Langsdorf, Friedensbeauftragte im Zentrum Oekumene der EKHN und EKKW: „Wir befinden uns in einer sehr kritischen Situation. Die Regierung versucht, geschlossene Lager einzurichten und Menschen in Gefängnisse einzusperren und mehr Angst in der Gesellschaft zu schaffen. Wir haben bereits Angriffe von Einheimischen. Das Ministerium macht Nichtregierungsorganisationen und Flüchtlinge für die Situation verantwortlich.“
Enger Kontakt zu Flüchtlingsinitiative
In den vergangenen Jahren haben ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Arbeit mit Geflüchteten die Insel Lesbos besucht. Organisiert vom Zentrum Oekumene und der Diakonie Hessen sind Beziehungen zur lokalen Flüchtlingsinitiative Lesvossolidarity entstanden. Die Initiative unterhält mehrere Projekte, darunter das Mosaik-Supportcenter für Geflüchtete und Einheimische in der Hauptstadt Mytilini, das Camp PIKPA für besonders verwundbare Gruppen (Alte, Kranke, Kinder) und ein kleines Restaurant, das von Einheimischen und Geflüchteten zusammen betrieben wird. All das sind Inseln der Menschlichkeit auf einer Insel, die jetzt im Chaos von Gewalt und Fremdenhass zu versinken droht.
Notfallplan für besonders Schutzbedürftige
Als unmittelbare Reaktion auf die Katastrophe im Lager Moria hat die Initiative für das Camp PIKPA einen Notfallplan erstellt, um Minderjährige und Mütter mit Babys im Camp aufnehmen zu können. Mit dem örtlichen Krankenhaus ist vereinbart, dass alle Personen auf Corona getestet werden, da die Gefahr, sonst von Einheimischen angegriffen zu werden, zu hoch ist. Das Mosaik-Center arbeitet mit Flüchtlingen in der Stadt und hat begonnen, Lebensmittel an Menschen auf den Straßen zu verteilen.
Lokale Initiativen stärken
Das Zentrum Oekumene wirbt in diesen Tagen dafür, die lokalen Flüchtlingsinitiativen nicht zu vergessen. „Sie sind diejenigen, die bleiben und schon lange und mit kleinen Mitteln für ein Europa mit menschlichem Antlitz auf Lesbos gearbeitet haben“, betont Sabine Müller-Langsdorf. In den letzten Monaten waren es vor allem die Mitarbeitenden dieser lokalen Gruppen, die rassistischen Angriffen und Anfeindungen auf der Insel ausgesetzt waren.
Gemeinden und Einrichtungen der EKHN und EKKW haben immer wieder Projekte von Lesvossolidarity unterstützt. Mehr als 2.000 Taschen aus Rettungswesten aus der Nähwerkstatt des Mosaik-Center sind dadurch nach Hessen gekommen. „Safe passage“ ist der Aufdruck auf jeder Tasche. Für die 13.000 Menschen ohne Obdach aus Moria hieße das: Europa muss endlich Verantwortung für die Situation übernehmen und eine Verteilung finden. In Deutschland sind Bundesländer und viele Kommunen bereit zur Aufnahme Geflüchteter.
Soforthilfe und Spendenaufruf
Nach der Katastrophe im Lager Moria unterstützen beide Kirchen aus Ökumenemitteln die Projekte von Lesvossolidarity mit einer Soforthilfe von 10.000 Euro. Zugleich rufen die kurhessische Dezernentin für Ökumene und Diakonie und der Leiter des Zentrums Ökumene zu weiteren Spenden auf. Die Spenden werden erbeten auf das zentrale Spendenkonto der EKHN mit dem Betreff: Spende Lesbos.