In diesem Jahr liegen sie wieder nahe beieinander: die christliche Passions- und Osterzeit (von Aschermittwoch am 22. Februar bis 10. April), das jüdische Pessach-Fest (vom 6. bis 13. April) und der muslimische Fastenmonat Ramadan (vom 22. März bis 21. April).
Festzeiten mit ihren Ritualen, Texten und Liedern sind besondere Zeiten. Sie schenken (Neu-) Orientierung, geben dem eigenen Leben Sinn und Halt. Getragen von der Entdeckung: ich bin nicht selbst die Mitte meines Lebens, sondern ich beziehe mich auf eine andere Mitte – auf Gott, auf ein „ewiges Du“ (so der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber). Ich weiß mich geliebt, angenommen, getragen – was auch immer in meinem Leben geschieht. Festzeiten vertiefen diese gemeinsamen Grundlagen des Glaubens. So ausgerichtet an Gott hafte ich nicht dem Vergänglichen an, sondern bin ich befreit zur Umkehr, zur Übernahme von Verantwortung in und für diese Welt.
Das Leben soll gefeiert werden – und die Freiheit! Jüdinnen und Juden erinnern sich während des Pessach-Festes an den Auszug des Volkes Israel aus der Knechtschaft in Ägypten, feiern den „Überschritt“ (das meint die hebräische Wurzel „passach“) von Sklaverei zur Freiheit, vom Tod zum Leben. Als Christ*innen stehen wir dabei an ihrer Seite in der Besinnung auf das, was wesentlich ist. Denn: „Gott nahe zu sein ist mein Glück“ (Psalm 73).
Die christliche Fastenzeit beginnt an Aschermittwoch und dauert bis Karsamstag. Wie im Ramadan geht es darum, die eigenen Abhängigkeiten zu erkennen, indem man Verzicht übt, um frei zu werden von unnötigem Ballast. Und so eingestimmt und vorbereitet lässt sich besonders fröhlich das Osterfest feiern, das Fest des Lebens, der Auferstehung Jesu. Hierin liegt die christliche Hoffnung begründet, dass Gottes Zuwendung mich auch durch Zeiten von Schmerz und Trauer zu tragen vermag.
Für Muslim*innen ist der Fastenmonat Ramadan ein Monat der Geduld, der Versöhnung und der Befreiung. In ihm erinnern sich die Gläubigen daran, das Gott das heilige Buch, den Koran, zur Rechtleitung für die Menschen herabgesandt hat. Der Ramadan soll davon geprägt sein, den sozialen Zusammenhalt zu fördern, Frieden mit den Nachbarn zu suchen, sich miteinander zu versöhnen und besonders an die sozial Schwächeren zu denken und sie finanziell zu unterstützen. Es ist ein guter Brauch, andere im Ramadan zum Iftar, zum Fastenbrechen, einzuladen und gemeinschaftlich zu beten und zu essen.
Solche ethischen Verpflichtungen gegenüber Benachteiligten in der Gesellschaft betont auch die Tora, wenn sie an die soziale Verantwortung erinnert, die mit dem Auszug aus Ägypten verknüpft ist: „Erinnere dich, dass du ein Knecht in Ägypten gewesen bist, halte den Schabbat und bedrücke nicht den Schwachen“.
Festzeiten laden ein, sich auf die Beziehung zu und mit Gott auszurichten. In diesem Jahr liegen bedeutende Festzeiten von Judentum, Christentum und Islam nahe beieinander. Gelegenheit, aufeinander zuzugehen: den spirituellen Reichtum der anderen, die anders glauben, wahrzunehmen. Denn Gottes Barmherzigkeit ist in allen drei Religionen Grundlage für den Auftrag des Menschen, sich gemeinsam für eine friedlichere und gerechtere Welt zu engagieren.
Dr. Andreas Goetze.