Sollen auch Vertreter*innen aus Russland teilnehmen?
Mit Spannung - zum Teil auch mit Argwohn - wird eine Delegation der russisch-orthodoxen Kirche erwartet. Wegen des Moskauer Patriarchen Kyrill I. erwartet. Er gilt als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin und unterstützt Russlands Vorgehen in der Ukraine. Deswegen war laut dem epd wiederholt der Ausschluss seiner Kirche aus dem Weltkirchenrat gefordert worden. Die russisch-orthodoxe Kirche mit mehr als 160 Millionen Mitgliedern ist seit 1961 Mitglied im Dachverband von 352 Kirchen mit über 580 Millionen Christen.
"Selbst wenn die Verständigung zurzeit schwierig ist, müssen wir die Wege der Kommunikation unbedingt offenhalten", sagte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Ich erhoffe mir, dass auf kirchlicher Ebene eine Kommunikation möglich wird, die auch politisch etwas austrägt."
Friedenspfarrerin setzt auf Dialog
Auch Friedenspfarrerin Sabine Müller-Langsdorf befürwortet, wenn keine Kirche aus der ÖRK-Vollversammlung ausgeschlossen wird, auch keine Kirche aus Russland: „Ein Verbot wäre nicht der richtige Weg. Wenn man Veränderungen und Verhandlungen möchte, braucht es dazu Kommunikation und Vertrauen. Das baut sich nur auf, wenn man sich begegnet.“ Dabei sieht sie Martin Niemöller als Vorbild, der als damaliger Leiter des kirchlichen Außenamts der EKD als einer der ersten Deutschen nach dem 2. Weltkrieg nach Russland gefahren ist, „um Gesprächskorridore zu ermöglichen.“ Wie sich der damalige Dialog mit Russland entwickelte, zeigt die ARD-Mediathek. Deshalb betont Pfarrerin Müller-Langsdorf: „Es geht nicht darum, Feindbilder zu stärken, sondern Brücken der Verständigung zu bauen. Aus meiner Sicht ist es die richtige Haltung, auf Verständigung zu setzen, weil sie konstruktiv voranführt.“
Der epd hat zudem drüber informiert, dass die Orthodoxe Kirche in der Ukraine einen Antrag auf Aufnahme in den Rat gestellt habe. Der Moskauer Patriarch Kyrill von der russisch-orthodoxen Kirche, der als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putins gilt, sei zu keinem Zeitpunkt als Teilnehmer der Vollversammlung im Gespräch gewesen, betonte er.
183 zerstörte religiöse Stätten in der Ukraine
Deutliche Willkommenssignale an Vertreter*innen ukrainischer Kirchen hat Pastor Prof. Dr. Ioan Sauca, der geschäftsführende Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), übermittelt. Mit einer Delegation hatte er Anfang August 2022 die Ukraine besucht. Nach Angaben des Staatlichen Dienstes für ethnische Angelegenheiten und Gewissensfreiheit waren bis Mitte August 2022 insgesamt 183 religiöse Stätten in 14 Regionen der Ukraine völlig oder teilweise durch die Angriffe Russlands zerstört worden. Darunter seien auch Kirchen, Moscheen, Synagogen, Bildungs- und Verwaltungs-Gebäude der Religionsgemeinschaften. Vor allem die "Stimme der Ukraine" soll in Karlsruhe präsent sein, so der amtierende ÖRK-Generalsekretär, der Rumäne Ion Sauca, mit Blick auf die Teilnahme einer ukrainischen Kirchendelegation.
Herausfordernde Themen im Fokus
Die Friedenpfarrerin berichtet, dass für die Delegierten in Karlsruhe große, politische Themen auf dem Programm stehen, wie „Covid und die Folgen für Kirche und Gesellschaft“, „Gefährdung von Demokratien durch autoritäre Regime“, die zunehmende Militarisierung, Klimagerechtigkeit, Rassismus und die wachsende ökonomische Ungerechtigkeit. Für das spirituelle Leben während der Vollversammlung gibt das "Gottesdienstbuch - Oase des Friedens" (PDF) Impulse für Gebete, Lieder und symbolhafte Gesten. In dem Buch sind die Beiträge auch in deutscher Sprache verfasst und es kann auch über das ÖRK-Treffen hinaus als Quelle der Inspiration dienen. Der Hauptveranstaltungsort für die Vollversammlung wird die im Zentrum der Stadt liegende Messe Karlsruhe sein.
Teilnehmen am Fahrradpilgerweg
Am 31. August werden Teilnehmer*innen und Besucher*innen sternenförmig aus allen Himmelsrichtungen um 12 Uhr zum Fahrradgottesdienst auf dem Marktplatz in Karlsruhe eintreffen. Die Nordroute des Fahrradpilgerweges startet in der EKHN in Bensheim am 29. August und führt über Schwetzingen und Philippsburg in die badische Residenzstadt.
Ausstellung über gewaltlose Konfliktlösungen
Das Zentrum Oekumene präsentiert die Ausstellung „Frieden geht anders“ und zeigt damit, wie gewaltfreie Konfliktlösungen bei unterschiedlichen Konflikten erfolgreich in der Praxis umgesetzt wurden. „In den Medien wird oft der Ruf nach Waffenlieferungen laut, gegenwärtig stehen in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gewaltsame Maßnahmen im Mittelpunkt. Deshalb wollen wir mit dieser Ausstellung ins Bewusstsein bringen, wie wirksam gewaltfreie Konfliktlösungen sein können“, erklärt Daniel Untch, Referent für Friedensbildung im Zentrum Oekumene der EKHN und EKKW. Er organisiert die kostenfrei zu besichtigende Ausstellung in der Neuapostolischen Kirche in der Karlsruher Karlstraße 57-59, außerhalb des Messegeländes. Der Ort wurde zum Zentrum „Frieden und Gerechtigkeit“ umgestaltet.
Ausstellung „Frieden geht anders“
Deutsch-Tansanischer Projektchor inspiriert musikalisch zu Gemeinschaft
Dieser Projektchor aus der EKHN verbindet: Jugendliche aus Deutschland und Tansania haben sich im Vorfeld getroffen und Lieder eingeübt. Die tansanischen Sänger*innen kommen aus der EKHN-Partnerkirche, der Moravian Church in Tansania. Das Chorprojekt hat sich in Heppenheim unter der Leitung von Elisha Mbukwa, Sänger und Songwriter aus Tansania, entwickelt. Auf der ÖRK-Vollversammlung treten sie gemeinsam vor großem Publikum auf und inspirieren zu „SpoT – Spirit of Togetherness“:
Ökumenische Begegnungen in Hessen-Nassau
Auch Interessierte in der EKHN, erhalten die Möglichkeit, Delegierten der ÖRK-Vollversammlung zu begegnen. Bei mehreren Exkursionen können die Delegierten aus aller Welt unterschiedliche Begegnungsorte kennenlernen. Einige führen auch ins hessen-nassauische Kirchengebiet. „Wir geben den Delegierten die Möglichkeit, das multikulturelle Frankfurt und die sozialen Herausforderungen kennen zu lernen“, berichtet Mechthild Gunkel. Gemeinsam mit Dr. Annegreth Schilling der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Frankfurt (ACK) plant sie das Besuchsprogramm. Dazu gehören Besuche der Anne-Frank-Bildungstätte, des Bibelhaus Erlebnismuseums, ein Mittagessen mit dem katholischen Stadtdekan sowie Rundgänge durch das Bahnhofsviertel. Auch ein Ökumenischer Schöpfungsgottesdienst ab 17 Uhr am Samstag, 3. September 2022, im Frankfurter Grüneburgpark gehört dazu. Im Anschluss besteht die Gelegenheit, mit Kirchenvertreter*innen aus anderen Ländern bei einem kleinen Imbiss ins Gespräch zu kommen. „Das ist eine wunderbare Möglichkeit, mit anderen christlichen Gemeinschaften in Kontakt zu kommen, sich gegenseitig in diesen Krisenzeiten zu stärken“, freut sich Pfarrerin Gunkel. Am Sonntag sei zudem ein weiterer Gottesdienst mit Begegnungsmöglichkeiten im Anschluss geplant.
Hintergrund:
Eine ÖRK-Vollversammlung ist die umfassendste Zusammenkunft von Christinnen und Christen weltweit. Eine Vollversammlung ist ein besonderes Ereignis im Leben der Mitgliedskirchen, der ökumenischen Partner und anderer Kirchen, denn sie bringt mehr als 4.000 Teilnehmende aus allen Ecken der Welt an einem Ort zusammen. Sie ist eine Möglichkeit für die Kirchen, ihr Engagement für die sichtbare Einheit und das gemeinsame Zeugnis auszudrücken. Die 11. Vollversammlung des ÖRK wird auf gemeinsame Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), der Union der Protestantischen Kirchen von Elsass und Lothringen (UEPAL) und der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz in Karlsruhe (Deutschland) stattfinden.
via epd und EKHN