Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat am 1. September mit zahlreichen Gottesdiensten und Veranstaltungen an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren erinnert. In dem zentralen Gedenkgottesdienst in der Frankfurter Lutherkirche appellierte die Stellvertretende Kirchenpräsidentin der EKHN Ulrike Scherf am Sonntag an die Mitverantwortung aller für den Frieden. Sie wies darauf hin, dass auch der Zweite Weltkrieg „nicht vom Himmel fiel und über Nacht kam“. Er sei „vor aller Augen“ und mit großer Unterstützung der Bevölkerung vorbereitet worden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und seinen verheerenden Folgen
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und seinen verheerenden Folgen habe ein Umdenken stattgefunden, so Scherf. Auch die Kirchen hätten sich mit ihrer Schuld und dem eigenen Versagen im Krieg auseinandersetzen müssen. Zudem hätten sich neue Fragen gestellt, wie der Positionierung zur Gewalt oder dem Verhältnis zum Staat Israel. Vor allem durch den Ökumenischen Rat der Kirchen, der nach dem Ende des Krieges 1945 gegründet wurde, seien Impulse für eine friedlichere und gerechtere Welt ausgegangen. Als Beispiel nannte sie etwa die von den Kirchen getragene „Aktion Sühnezeichen“, die jungen Menschen eine Auseinandersetzung mit den Folgend es Krieges ermögliche.
Krieg bestimmt noch immer das Leben von vielen Menschen
Nach Ansicht Scherfs bestimmt der Zweite Weltkrieg noch immer das Leben von vielen Menschen. Dazu gehörten Kriegskinder und Kriegsenkel hierzulande ebenso wie „Kriegs-Betroffene“ auf der ganzen Welt. Sie habe die Hoffnung, dass Gott an der Seite dieser Menschen stehe. Scherf: „Gott will den Krieg nicht. Aber er will doch die Menschen, jede und jeden Einzelne und steht ihnen bei. Gott richtet auf und ruft zur Umkehr. Gott schenkt Frieden und Versöhnung. Auch wenn wir es selbst kaum spüren und manchmal nur seine Ferne wahrnehmen können: Gott bleibt da – bei uns Menschen.“ In dem Gedenkgottesdienst unter dem Titel „80 Jahre sind ein Menschenleben“ kamen auch Zeitzeugen sowie jüngere Menschen zu Wort, die sich heute in Freiwilligendiensten für den Frieden engagieren.
Wanderausstellung „Verstehen-Vergeben-Versöhnen“
Anlässlich des Jahrestags des Kriegsbeginns am 1. September hatten Gemeinden, Dekanate und Einrichtungen in der EKHN zu zahlreichen Veranstaltungen eingeladen. So stellt das Dekanat Bergstraße ab jetzt die Wanderausstellung „Verstehen-Vergeben-Versöhnen“ zur Verfügung. In der Schau werden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Krieges eindrucksvoll porträtiert.
Arbeitsmaterial „80 Jahre sind ein Menschenleben“
Für Gemeinden und Interessierte hat das Zentrum Oekumene in Kooperation mit den Zentren Verkündigung, Seelsorge und Bildung der EKHN Arbeitsmaterial unter dem Titel „80 Jahre sind ein Menschenleben (1939-2019“ entwickelt. Die Handreichung soll Gemeinden vor allem dabei unterstützen, den Krieg und seine Folgen in Gottesdiensten, Veranstaltungen oder Gesprächen auch in den kommenden Wochen zu thematisieren. Das Material soll zugleich dazu anregen, sich mit aktuellen friedenspolitischen Herausforderungen auseinanderzusetzen.
Studientag „Kriegskinder und Kriegsenkel“
Im Herbst will die EKHN das Thema Friedensethik vertiefen. So ist am 16. November der Studientag „Kriegskinder-Kriegsenkel“ in der Evangelischen Akademie Frankfurt geplant. Die langen Folgen des Krieges sollen unter anderem in Workshops für kirchliche Mitarbeitende in Seelsorge, Besuchsdiensten, Altenarbeit und Erwachsenenbildung besprochen werden. Zudem plant die Synode der EKHN auf Ihrer Tagung ab dem 27. November die Weiterarbeit an einem umfassenden friedensethischen Positionspapier.